Neujahrs-Apéro Jean-Pierre Krähenbühl
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02.01.2014

Lieber Jean-Pierre

Meine Damen und Herren

Wie auch schon hat mich Jean-Pierre gebeten, etwas zu sagen. Ein zunehmend schwieriges Unterfangen, denn er hat deutlich gemacht, dass er nicht einfach ein etwas längeres „Dankeschön“ erwartet, sondern „schon etwas mehr“.

Jagd war schon einmal ein Thema und betreffend Poesie - da kann ich mit Marco Caduff nicht einmal annährend mithalten - allein schon Stimme und Grösse benachteiligen mich.

Nun, ich könnte natürlich verweisen auf das, was ich am Neujahrs-Apéro der Gemeinde gesagt habe und es wiederholen. Es sind zwar heut Abend zahlreiche Gossauerinnen und Gossauer da - aber die waren - wenn ich mich richtig erinnere - nicht am Neujahrs-Apéro auf der Altrüti…wo übrigens auch auswärtige Gäste immer willkommen sind, das heisst, die Ausrede „ich bin nicht von Gossau“ zählt nicht.

Aber keine Angst - ich verzichte darauf.

Bei meinen Überlegungen ist mir in den Sinn gekommen, dass ja Jean-Pierre vor kurzem auf einem Frachter von Holland nach Afrika gereist ist. Nun, ich weiss nicht, ob als Smutje oder Leichtmatrose, aber das spielt nicht so eine Rolle.

Jedenfalls habe ich mich in diesem Zusammenhang auch an seine vergangenen Reisen und Unterfangen erinnert. Hilfsmittel dazu - und wenn sie die Gelegenheit haben, schauen sie rein - ist seine eigene Homepage.

Matterhorn, Kilimandscharo, Aconcagua, Jakobsweg, Motorradtouren, und das Projekt Shisha Pangma im Tibet…. und jetzt diese Frachterreise.  Nun, ich habe mich kundig gemacht. Es gibt zahlreiche Agenturen - und so schlimm, wie man sich eine Frachterreise vorstellt - eingeklemmt zwischen Frachtgütern und stampfenden, russigen, öligen Maschinen  - ist es wohl nicht mehr ganz - aber immerhin.

Wissen sie, was mir in diesem Zusammenhang in den Sinn kommt? Stichworte wie Fernweh, Abenteuerlust, ein Hauch von Freiheit.

Und, genauso spontan verbinde ich damit zwei Persönlichkeiten. Den einen kennen sie als erfolgreichen Unternehmer: Richard Branson. Reich geworden mit dem Plattenvertrieb Virgin, aber auch bekannt durch Virgin Cola  (eine Verbindung zum Cola Light Man Jean-Pierre Krähenbühl), Virgin Airlines folgten uam. Der Unternehmer ist aber auch ein Abenteurer. Vor allem für seine tollkühnen Ballonfahrten wurde er berühmt. Ausserdem will er mit seinem Tauchboot Virgin Oceanic die tiefsten Stellen der irdischen Ozeane - wie etwa den Marianengraben - besuchen. So gewisse Eigenschaften von Branson finde ich auch in Jean-Pierre. Branson hat ein Vermögen von 4 Mrd Pfund - wie das bei Jean-Pierre aussieht, das weiss ich halt nicht so genau…

Zweite Persönlichkeit ist Rüdiger Nehberg. Ein deutscher Survivel-Experte und Aktivist für Menschenrechte.  1981 legte er auf einem “Deutschlandmarsch“ von Hamburg nach Oberstdorf rund 1000 km zu Fuss zurück und lebte nur von dem, was er abseits der Zivilisation in der Natur fand. 23 Tage dauerte es. - Das ZDF dokumentierte, wie er sich von Würmen und Schnecken ernährte - oder aber sich auch einmal unter Wasser an eine Ente heranmachte. Faszinierend. Warum kommt er mir in den Sinn? Rüdiger Nehberg sieht man wirklich den Asket an. Schlank, als fast dünn zu bezeichnen, drahtig. - Auch hier drängt sich der Vergleich mit Jean-Pierre auf - allerdings - Nehberg trägt mehr Haare am Kinn als auf dem Kopf…

Nun, soviel zum Hauch von Abenteuerlust, von Fernweh und von Freiheit wie sie andere Persönlichkeiten verstehen und leben.

- Jetzt sind wir aber wieder hier bei unserem Gastgeber Jean-Pierre. Auch er ist - mindestens so nehme ich ihn wahr - so ein Typ, der sich die Freiheit nimmt, der das Abenteuer sucht und der durchaus eine gehörige Portion Fernweh hat.

 Wie immer bei solchen Geschichten gibt es eine Moral - und ein Aber. Zuerst zur Moral der Geschichte:

-      Abenteuerlust kennte Grenzen, weder geografisch - nach altersmässig.
-      Nehberg liess sich mit 68 noch allein in den Urwald per Heli absetzen….
-      Jeder hat einen Drang nach Abenteuer in sich. Gut, für die einen ist Abenteuer schon der
       tägliche Gang zum Einkauf.

       und schliesslich

-      man soll dem verspürten Drang nach Freiheit und Abenteuer nachleben und nachgeben,
       denn dieser Drang ist verbunden mit Inspiration und Erfüllung.

ABER - und das vielleicht etwas nachdenklicher:

(vergleichbar mit dem Beipackzettel bei Medikamenten):

ABENTEUER können zur Sucht werden. Wenn das passiert, wird es den „befallenen“ Persönlichkeiten nur sehr schwer fallen, Ruhe zu finden und jemals wieder an einem Ort zu bleiben. Dies kann aber auch ein Zeichen sein, dass versucht wird, vor etwas zu fliehen.

 Dies ein etwas ernsterer Einschub.

Heute Abend aber leben wir unsere Abenteuerlust anders aus. Jean-Pierre, im Namen aller Anwesenden; vielen herzlichen Dank für die diesjährige Expedition in dein kulinarisches und unterhaltsames Reich! - Dieses hat durchaus auch Suchtpotenzial.

02.01.2014  Jörg Kündig